Jahresbericht RIAS Hessen
Vorwort
Verschwörungserzählungen und Antisemitismus prägen nach wie vor den gesellschaftlichen Diskurs. Die Pandemie, der andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und andere Krisen wirken als Verstärker und nicht zuletzt als Katalysator antisemitischer Denkmuster und begünstigen den Glauben an Desinformationen.
Für Jüdinnen und Juden sind diese Entwicklungen keine Überraschung, dennoch führen sie zu Verunsicherung in der Gemeinschaft. Gesamtgesellschaftlich braucht es ein tiefergehendes Verständnis für das Alltagserleben sowie Sprech- und Erfahrungsräume für jüdische Menschen. Das bedeutet nicht zuletzt, dass ein umfangreiches Verständnis der Wirkung von Propaganda, Verschwörungserzählungen und Desinformationen entwickelt werden muss.
Durch das Monitoring von RIAS in Hessen und den hiermit vorliegenden Bericht wird vor allem das Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle deutlich und in diesem Zusammenhang werden die Bedarfe nach adäquaten Anlaufstellen sichtbar.
RIAS Hessen ist erste Anlaufstelle nach antisemitischen Vorfällen, stellt die Weichen und den ersten Zugang zu weiteren Beratungs- und Interventionsstellen her. OFEK e.V. als Beratungsstelle nach antisemitischer Gewalt berät Institutionen und Betroffene von antisemitischer Gewalt und ist fester Kooperationspartner der Meldestelle. Neben der Beratung bieten OFEK e.V. und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland zahlreiche geschützte Austauschformate, sogenannte Safer Spaces, im Umgang mit den oftmals mehrschichtigen Erfahrungen und dem Alltagserleben jüdischer Menschen im Umgang mit Antisemitismus.
Der vorliegende Bericht verdeutlicht die wichtige Funktion von Melde- und Beratungsstellen zu Antisemitismus und zeigen auch den Handlungsbedarf der Mehrheitsgesellschaft, Antisemitismus in seiner Kontinuität wahrzunehmen und antisemitischen Angriffen Einhalt zu gebieten.
Angriffe auf die jüdische Community sind auch immer eine Bedrohung für die Menschenwürde und das Demokratieprinzip als solche.
Aron Schuster
(Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V.)