Das Jahr 2024

RIAS Hessen dokumentiert
926 antisemitische Vorfälle

Im Kalenderjahr 2024 befand sich die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) im dritten Jahr ihrer Tätigkeit.

RIAS Hessen dokumentierte zwischen dem 1. Januar 2024 und dem 31. Dezember 2024 die hohe Anzahl von 926 antisemitischen Vorfällen.

Bereits im Jahr 2023 war von Januar bis Ende September im Meldeaufkommen ein leichter Anstieg zum Vorjahr (2022) verzeichnet worden. Nach dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Überfalls der Terroristen aus Gaza auf israelisches Gebiet und den damit einhergehenden Morden, Folterungen, Vergewaltigungen sowie den Verschleppungen von Israelis nach Gaza, begann eine antisemitische Welle, die zu einem steilen Anstieg der Vorfallszahlen nicht nur in Hessen, sondern bundesweit führte.https://report-antisemitism.de/documents/2024-05-17_Working-Paper-01-23_Antisemitische-Vorfaelle-nach-den-Massakern-der-Hamas-am-7-Oktober.pdf

Im Jahr 2024 setzte sich diese antisemitische Welle fort, gebrochen wurde sie leider noch nicht. Rechnerisch gab es 2,5 antisemitische Vorfälle am Tag.

Im Vergleich zu 2023 verzeichnete RIAS Hessen somit einen Anstieg der dokumentierten Vorfälle um 75 Prozent.

Die Zahl der Angriffe verdoppelte sich von 16 Vorfällen 2023 auf 33 Vorfälle 2024; Bedrohungen nahmen um rund 45 Prozent zu, von 33 Vorfällen 2023 auf 48 Vorfälle 2024. Mehr als 750 Meldungen wurden nach RIAS-Kriterien als verletzendes Verhalten gewertet.Dies ist eine Kategorie, die sämtliche antisemitischen Aussagen oder Vorfälle gegen jüdische wie nichtjüdische Personen oder Institutionen umfasst, darunter auch Demonstrationen und sonstige Versammlungen.

Rund 40 Prozent der Vorfälle (377) wiesen einen Bezug zum 7. Oktober 2023 auf.

Antisemitische Vorfälle fanden an sämtlichen von RIAS unterschiedenen Tatorten statt. Signifikante Steigerungen gab es in Hessen 2024 im Internet mit Postings und Kommentaren, die sich direkt gegen Personen und Einrichtungen richteten, auf der Straße (u.a. durch das Versammlungsgeschehen), in öffentlichen Grünanlagen (Parks etc.) oder auch rund um Synagogen.

Detailliert nachzulesen sind all diese und weit darüberhinausgehende Details in der statistischen Auswertung des Jahres 2024: Das Jahr in Zahlen (LINK).

Exemplarische Vorfälle aus dem Jahr 2024 sind im gesamten Jahresbericht enthalten. Hierbei haben wir die Vorfälle überall dort anonymisiert, wo es um den Schutz der Betroffenen geht und dies von ihnen selbst gewünscht wurde.

In unseren „Fokuskapiteln“ gehen wir, basierend auf der von RIAS Hessen erfolgten Dokumentation antisemitischer Vorfälle und deren Analyse, in die Tiefe. Das erste dieser beiden Kapitel befasst sich mit der Kategorie „Verletzendes Verhalten“, um zu verdeutlichen, wie sehr Antisemitismus in alle Lebensbereiche eingedrungen ist. Das zweite Kapitel beschreibt die Situation, wie sie sich in Bildungseinrichtungen im Jahr 2024 darstellte und wie sich dies u.a. an Universitäten zeigte.

Diese statistischen Analysen und die damit verbundenen qualitativen Einordnungen werden durch Vorfallsbeschreibungen begleitet.

Die Bedeutung von Antisemitismus für das alltägliche Leben von Jüdinnen und Juden und anderen Personen, die sich von Antismeitismus betroffen fühlen, wird dadurch offenkundig. Auch ist zu bedenken, dass von Antisemitismus Betroffene ihre Erfahrungen mit ihnen nahestehenden Menschen teilen – antisemitisches Erleben zieht weite Kreise.

Die  Auswirkungen auf die jüdische Community und die Folgen für die Gesellschaft werden in zusätzlichen Texten kommentiert.

Für das verletzende Verhalten, wie es sich im Alltag permanent und überall zeigt, kommentiert Oliver Dainow, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Hanau die Situation. Er fragte sich: Wie stellt sich die Lage für Jüdische Gemeinden und Individuen dar und was ist in diesem Kontext von der Gesellschaft zu erwarten?  Die Bedarfe und Anforderungen im Bildungsbereich angesichts des dort grassierenden Antisemitismus und der oft auch sichtbaren Hilflosigkeit, mit dem Thema umzugehen, kommentiert Sabena Donath, designierte Direktorin der in Frankfurt am Main entstehenden Jüdischen Akademie des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Die jüdische Community erfuhr auch 2024 nicht breite Solidarität, sondern vor allem Schweigen und Empathielosigkeit. Zugleich entwickelte sie – wieder einmal – Resilienz und rückte näher zusammen.

Ob das Jahr 2025 einen quantitativen Abwärtstrend antisemitischer Vorfälle in Hessen aufweisen wird, ist nicht vorauszusehen. Dass allerorten Handlungsbedarf besteht, ist offenkundig.