Jahresbericht RIAS Hessen

2024: Alltag und Austausch von Susanne Urban

Alltag und Austausch

RIAS Hessen arbeitet seit dem 7. Oktober 2023 mit nur zwei Personen am Limit. Sobald eine Meldung eingegangen ist, geht es an die Kommunikation mit den Meldenden. Wir schreiben jedem und jeder meldenden Person oder Einrichtung zurück, kommunizieren, versuchen herauszufinden, ob weitere Bedarfe bestehen – nach rechtlicher Beratung oder psychosozialer Begleitung, der Vermittlung von Bildungsangeboten etc. Es waren bestimmt zwei Drittel der Vorfälle des Jahres 2024, in denen wir direkt mit den Meldenden kommunizierten, und das oft mehrfach. Anschließend geht es weiter, und wir kontaktieren sehr oft unsere Kolleginnen von OFEK Hessen e.V. Sie sind unsere engsten Partnerinnen, denn dort gibt es die psychosoziale Begleitung, die wir in dieser Form gar nicht leisten können. Dort erhalten Personen, die Antisemitismus erfahren, professionelle Hilfe. Zudem kann über OFEK e.V. und den Bundesverband RIAS e.V. juristische Beratung und Begleitung vermittelt werden.

Der Alltag ist dicht, aber wir nehmen uns Zeit und pflegen Kontakte. Insbesondere das enge und von Vertrauen geprägte Verhältnis zum Landesverband der Jüdischen Gemeinden Hessen – Daniel Neumann – und der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und den Jüdischen Gemeinden Hanau oder Kassel und Marburg sowie zu Einrichtungen wie dem Sara Nussbaum Zentrum in Kassel und dem Verband Jüdischer Studierender Hessen hat uns in der jüdischen Community weiter verankert.

Der intensive Austausch umfasst auch die Kolleginnen bei OFEK e.V. und der Meldestelle Antiziganismus Hessen (MIA Hessen). Wir haben die Kooperation institutionalisiert, stärken uns gegenseitig, nehmen gemeinsam Termine wahr, stellen im Schulterschluss unsere Arbeit vor.

Mit dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) , Swen Eigenbrodt und seinem Team, aber auch den Sicherheitsbehörden, Polizeipräsidien und den dort tätigen wissenschaftliche Mitarbeitenden, die im Bereich Extremismus bzw. Prävention aktiv sind, haben sich vielfältige Bezüge und ein offener Austausch entwickelt, der für unsere Arbeit sehr wichtig geworden ist.

Mit Prof. Dr. Roman Poseck, Hessischer Minister des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz, konnte RIAS Hessen 2024 ebenso ein Gespräch führen wie mit Ministerin Heike Hoffmann (Hessisches Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege) und Minister Armin Schwarz (Hessisches Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen).

Ein guter, stetiger Kontakt besteht zu Uwe Becker, dem Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus und zu Christina Kreis, der Antisemitismusbeauftragten der hessischen Justiz, sowie ihrem Kollegen, Dr. Philipp Georgy.

Persönliche Kontakte sind ein Garant für kurze Wege und unbürokratische Absprachen und führen zu engen Vertrauensverhältnissen. Verbündete zu haben in diesen Zeiten ist unabdingbar.

Der Bundesverband RIAS e.V. /
die Bundesarbeitsgemeinschaft

Auf den drei Sitzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft 2024 und in engem Austausch mit Benjamin Steinitz und  den vielen Kolleginnen und Kollegen des Bundesverbandes RIAS wurden wichtige Fragen diskutiert, Konzepte weiterentwickelt und wir wissen, dass es bei Bedarf immer jemanden aus der „RIAS-Familie“ gibt, der oder die ansprechbar ist.

Eine Sitzung der BAG organisierte RIAS Hessen, und so trafen sich rund 35 Kolleginnen und Kollegen im Sara Nussbaum Zentrum in Kassel, wo auch die gute Atmosphäre, die Gastfreundschaft und die unglaublich leckere Verpflegung die konstruktive Atmosphäre flankierten.

Konferenzen und Veranstaltungen

RIAS Hessen koordiniert die „Konzeptwerkstatt Antisemitismus“, in der sich ein wachsender Kreis von Menschen und Einrichtungen in einem nicht-öffentlichen Format zwei Mal jährlich trifft, um Fragen aus Bildung, Forschung und akuter Gegenwart zu diskutieren. Das andere Format sind die öffentlichen „Werkstattgespräche Antisemitismus“, bei denen wir uns in Partnerschaft mit anderen Einrichtungen präsentieren und Themenfelder gemeinsam diskutieren.

RIAS Hessen war 2024 auf zahlreichen Veranstaltungen präsent, sei es mit Vorträgen zu den Ursprüngen der antisemitischen Welle nach dem 7.Oktober 2023 oder zu antisemitischen Gelegenheitsstrukturen und Workshops zu Antisemitismus bspw. an der Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit.

Auch die Werkstattgespräche von RIAS Hessen fanden wieder statt. Einmal online, zu der Situation in der jüdischen Community seit dem Angriff auf Israel im Oktober 2023 und den daraus resultierenden Bedarfen im Bildungsbereich. Mehr als 100 Teilnehmende hatten sich zugeeschaltet. Einmal in Präsenz, im Haus am Dom in Frankfurt, gemeinsam mit MIA Hessen, OFEK Hessen e.V. und Swen Eigenbrodt (HKE). Dieser Abend am 4. November 2024 war kontrovers und zugleich brachte er uns alle neu zum Nachdenken.

Was uns besonders freut: unsere Ausstellung „Ja, DAS ist Antisemitismus! Jüdische Erfahrungen in Hessen“ ist erfolgreich gestartet. Die dort vorgestellten antisemitischen Erfahrungen und Reaktionen der Umwelt sowie der Betroffenen  wurden von den Illustratorinnen Sophia Hirsch und Büke Schwarz in Bildgeschichten umgesetzt. Die Ausstellung ist ein Ausgangspunkt, um sich mit der Betroffenenperspektive zu befassen. Die Ausstellung ist seit Ende Mai 2024 auf Tour und bis Ende 2025 ausgebucht. Eine zweite Version, auf Roll-Ups, wurde hergestellt, um sie anlässlich der Eröffnung der Jüdischen Kulturtage in Hanau im Oktober 2024 zu zeigen. Sie wurde anschließend auch im Polizeipräsidium in Offenbach am Main präsentiert.

Dank

Zum Schluss möchte ich meiner Kollegin, Leonie Nützl, danken. Sie ist wichtig für unsere Arbeit und wichtig als Kollegin und Mensch.

Dr. Susanne Urban - © Markus Farnung

Dr. Susanne Urban – © Markus Farnung

Leonie Nützl und ich möchten zudem gemeinsam jenen danken, die für uns ein engagiertes Monitoring übernehmen. Ohne euch können wir die operative Arbeit nicht bewältigen. Danke!

Mein Dank gilt auch dem Präsidenten der Philipps-Universität Marburg, der mich als Beauftragte gegen Antisemitismus der Universität berief und mir damit viel Vertrauen entgegenbrachte. Die Arbeit wurde mehr, aber die Zeiten sind nun einmal so.

Dr. Susanne Urban
Projektleitung RIAS Hessen